5.5 Make und Makefiles
Fast alle Betriebssysteme, auf denen LilyPond benutzt werden kann,
unterstützen ein Programm mit dem Namen make
. Dieses Programm
liest eine besondere Datei mit der Bezeichnung Makefile
,
die definiert, welche Dateien von welchen anderen Dateien abhängen und
welche Befehle für das Betriebssystem nötig sind, um eine Datei aus
einer anderen zu erstellen. Ein Makefile könnte etwa erklären, wie
‘ballad.pdf’ und ‘ballad.midi’ aus ‘ballad.ly’
erstellt werden können, indem LilyPond aufgerufen wird.
Es gibt Fällen, wenn es sich sehr stark empfiehlt, ein Makefile
für das aktuelle Projekt zu erstellen, entweder zur eigenen Bequemlichkeit,
oder aber auch als Hilfe für andere, die vielleicht einmal die
Quelldateien lesen und verstehen wollen. Insbesondere bei großen Projekten
mit vielen eingefügten Dateien und unterschiedlichen Ausgabeoptionen
(etwa Partitur, einzelne Stimmen, Dirigierpartitur, Klavierauszug usw.),
aber auch bei Projekten, die komplizierte Programmaufrufe zur Verarbeitung
erfordern (wenn man etwa mit lilypond-book
arbeitet), lohnt
sich die Erstellung einer Make-Datei. Diese Dateien können sehr
unterschiedliche ausfallen, und ihre Komplexität und Flexibilität kann
den Bedürfnissen aber auch Kenntnissen des Schreibers angepasst werden.
Das Programm GNU Make ist auf GNU/Linux-Distributionen und MacOS X
installiert, aber es ist auch für Windows erhältlich.
Das GNU Make Manual gibt eine vollständige Anleitung, wie
make
benutzt werden kann. Hier sollen nur einige kleine
Blicke auf die vielfältigen Möglichkeiten geworfen werden.
Die Befehle, um Regeln in einer Make-Datei zu erstellen, unterscheidet
sich zwischen den Betriebssystemen. Die verschiedenen GNU/Linuxe und
MacOS X benutzen bash
, während unter Windows cmd
eingesetzt
wird. Unter MacOS X muss man das System so konfigurieren, dass
die Kommandozeile benutzt wird. Hier einige Beispiele für Make-Dateien,
mit einer Version für GNU/Linux und MacOS und einer für Windows.
Das erste Beispiel ist für ein Orchesterstück in vier Stätzen unt mit der folgenden Dateistruktur:
Symphony/ |-- MIDI/ |-- Makefile |-- Notes/ | |-- cello.ily | |-- figures.ily | |-- horn.ily | |-- oboe.ily | |-- trioString.ily | |-- viola.ily | |-- violinOne.ily | `-- violinTwo.ily |-- PDF/ |-- Parts/ | |-- symphony-cello.ly | |-- symphony-horn.ly | |-- symphony-oboes.ly | |-- symphony-viola.ly | |-- symphony-violinOne.ly | `-- symphony-violinTwo.ly |-- Scores/ | |-- symphony.ly | |-- symphonyI.ly | |-- symphonyII.ly | |-- symphonyIII.ly | `-- symphonyIV.ly `-- symphonyDefs.ily
Die ‘.ly’-Dateien un den Verzeichnissen ‘Scores’ und ‘Parts’ erhalten ihrere Noten aus ‘.ily’-Dateien, die sich im ‘Notes’-Verzeichnis befinden:
%%% Kopfzeile der Datei "symphony-cello.ly" \include ../symphonyDefs.ily \include ../Notes/cello.ily
Die Make-Datei hat die Ziele score
(das gesamte Stück als
große Partitur), movements
(die einzelnen Sätze als große
Partitur) und parts
(die einzelnen Stimmen für die Spieler).
Es gibt auch das Ziel archive
, welches ein Tar-Archiv
der Quelldateien erstellt, etwa um die Quellen über das Internet
oder per E-Mail zu verteilen. Hier die Make-Datei für GNU/Linux
oder MacOS X. Sie sollte unter dem Namen Makefile
im obersten
Verzeichnis des Projektes gespeichert werden:
Achtung: Wenn ein Ziel oder eine Musterregel definiert ist, müssen die folgenden Zeilen mit Tabulatoren, nicht mit Leerzeichen beginnen.
# Namensstamm der Ausgabedateien piece = symphony # finde heraus, wieviele Prozessoren vorhanden sind CPU_CORES=`cat /proc/cpuinfo | grep -m1 "cpu cores" | sed s/".*: "//` # Der Befehl, um lilypond aufzurufen LILY_CMD = lilypond -ddelete-intermediate-files \ -dno-point-and-click -djob-count=$(CPU_CORES) # Die Endungen, die im Makefile benutzt werden .SUFFIXES: .ly .ily .pdf .midi # Eingabe- und Ausgabedateien werden in den Verzeichnissen durchsucht, # die sich in der VPATH-Variable befinden. Alle sind Unterverzeichnisse # des aktuellen Verzeichnisses (angegeben durch die GNU make-Variable # `CURDIR'). VPATH = \ $(CURDIR)/Scores \ $(CURDIR)/PDF \ $(CURDIR)/Parts \ $(CURDIR)/Notes # Die Musterregel, um PDF und MIDI-Dateien aus der LY-Eingabedatei # zu erstellen. Die .pdf-Ausgabedateien werden in das # `PDF'-Unterverzeichnis abgelegt, die .midi-Dateien in das # `MIDI'-Unterverzeichnis. %.pdf %.midi: %.ly $(LILY_CMD) $<; \ # this line begins with a tab if test -f "$*.pdf"; then \ mv "$*.pdf" PDF/; \ fi; \ if test -f "$*.midi"; then \ mv "$*.midi" MIDI/; \ fi notes = \ cello.ily \ horn.ily \ oboe.ily \ viola.ily \ violinOne.ily \ violinTwo.ily # Abhängigkeiten der einzelnen Sätze. $(piece)I.pdf: $(piece)I.ly $(notes) $(piece)II.pdf: $(piece)II.ly $(notes) $(piece)III.pdf: $(piece)III.ly $(notes) $(piece)IV.pdf: $(piece)IV.ly $(notes) # Abhängigkeiten der großen Partitur. $(piece).pdf: $(piece).ly $(notes) # Abhängigkeiten der Stimmen. $(piece)-cello.pdf: $(piece)-cello.ly cello.ily $(piece)-horn.pdf: $(piece)-horn.ly horn.ily $(piece)-oboes.pdf: $(piece)-oboes.ly oboe.ily $(piece)-viola.pdf: $(piece)-viola.ly viola.ily $(piece)-violinOne.pdf: $(piece)-violinOne.ly violinOne.ily $(piece)-violinTwo.pdf: $(piece)-violinTwo.ly violinTwo.ily # `make score' eintippen, um die große Partitur mit allen vier # Sätzen als eine Datei zu erstellen. .PHONY: score score: $(piece).pdf # `make parts' tippen, um alle Stimmen zu erstellen. # `make foo.pdf' tippen, um die Stimme für das Instrument `foo' zu erstellen. # Beispiel: `make symphony-cello.pdf'. .PHONY: parts parts: $(piece)-cello.pdf \ $(piece)-violinOne.pdf \ $(piece)-violinTwo.pdf \ $(piece)-viola.pdf \ $(piece)-oboes.pdf \ $(piece)-horn.pdf # `make movements' tippen um Dateien für die vier Sätze einzeln zu erstellen. .PHONY: movements movements: $(piece)I.pdf \ $(piece)II.pdf \ $(piece)III.pdf \ $(piece)IV.pdf all: score parts movements archive: tar -cvvf stamitz.tar \ # this line begins with a tab --exclude=*pdf --exclude=*~ \ --exclude=*midi --exclude=*.tar \ ../Stamitz/*
Unter Windows ergeben sich bestimmte Komplikationen. Nachdem man
GNU Make für Windows heruntergeladen und installiert hat, muss
man den richtigen Pfad in den Umgebungsvariablen des Systems setzen,
damit die DOS-Kommandozeile das Make-Programm finden kann. Um das
vorzunehmen, kann mit der rechten Maustaste auf "Arbeitsplatz"
klicken, dann Eigenschaften
und Erweitert
geklickt
werden. Hier wählt man Umgebungsvariablen
. In der
Liste Systemvariablen
wählt man Path
und mit
einem Klick auf Bearbeiten
kann man den Pfad zu der
.exe
-Datei von GNU Make hinzufügen, der etwa wie
folgt aussieht:
C:\Program Files\GnuWin32\bin
Die Make-Datei selber muss auch angepasst werden, um unterschiedliche
Shell-Befehle zu verwenden und mit Leerzeichen umgehen zu können,
die sich in einigen Standardverzeichnissen unter Windows befinden.
Das archive
-Ziel wird entfernt, da Windows den
tar
-Befehl nicht kennt, und Windows benutzt auch eine
andere Dateiendung für midi-Dateien.
## WINDOWS VERSION ## piece = symphony LILY_CMD = lilypond -ddelete-intermediate-files \ -dno-point-and-click \ -djob-count=$(NUMBER_OF_PROCESSORS) # 8.3 Bezeichnung für CURDIR erhalten (Workaround wg. Leerzeichen in PATH) workdir = $(shell for /f "tokens=*" %%b in ("$(CURDIR)") \ do @echo %%~sb) .SUFFIXES: .ly .ily .pdf .mid VPATH = \ $(workdir)/Scores \ $(workdir)/PDF \ $(workdir)/Parts \ $(workdir)/Notes %.pdf %.mid: %.ly $(LILY_CMD) $< # diese Zeile beginnt mit Tabulator if exist "$*.pdf" move /Y "$*.pdf" PDF/ # begin with tab if exist "$*.mid" move /Y "$*.mid" MIDI/ # begin with tab notes = \ cello.ily \ figures.ily \ horn.ily \ oboe.ily \ trioString.ily \ viola.ily \ violinOne.ily \ violinTwo.ily $(piece)I.pdf: $(piece)I.ly $(notes) $(piece)II.pdf: $(piece)II.ly $(notes) $(piece)III.pdf: $(piece)III.ly $(notes) $(piece)IV.pdf: $(piece)IV.ly $(notes) $(piece).pdf: $(piece).ly $(notes) $(piece)-cello.pdf: $(piece)-cello.ly cello.ily $(piece)-horn.pdf: $(piece)-horn.ly horn.ily $(piece)-oboes.pdf: $(piece)-oboes.ly oboe.ily $(piece)-viola.pdf: $(piece)-viola.ly viola.ily $(piece)-violinOne.pdf: $(piece)-violinOne.ly violinOne.ily $(piece)-violinTwo.pdf: $(piece)-violinTwo.ly violinTwo.ily .PHONY: score score: $(piece).pdf .PHONY: parts parts: $(piece)-cello.pdf \ $(piece)-violinOne.pdf \ $(piece)-violinTwo.pdf \ $(piece)-viola.pdf \ $(piece)-oboes.pdf \ $(piece)-horn.pdf .PHONY: movements movements: $(piece)I.pdf \ $(piece)II.pdf \ $(piece)III.pdf \ $(piece)IV.pdf all: score parts movements
Die nächste Make-Datei ist für ein lilypond-book
-Dokument,
das in LaTeX gesetzt wird. Das Projekt hat einen Index, welcher
erfordert, dass der Befehl latex
zweimal aufgerufen wird,
um die Verweise zu aktualisieren. Ausgabedateien werden in einem
out
-Verzeichnis für die .pdf-Dateien gespeichert und in
htmlout
für die html-Dateien.
SHELL=/bin/sh FILE=myproject OUTDIR=out WEBDIR=htmlout VIEWER=acroread BROWSER=firefox LILYBOOK_PDF=lilypond-book --output=$(OUTDIR) --pdf $(FILE).lytex LILYBOOK_HTML=lilypond-book --output=$(WEBDIR) $(FILE).lytex PDF=cd $(OUTDIR) && pdflatex $(FILE) HTML=cd $(WEBDIR) && latex2html $(FILE) INDEX=cd $(OUTDIR) && makeindex $(FILE) PREVIEW=$(VIEWER) $(OUTDIR)/$(FILE).pdf & all: pdf web keep pdf: $(LILYBOOK_PDF) # begin with tab $(PDF) # begin with tab $(INDEX) # begin with tab $(PDF) # begin with tab $(PREVIEW) # begin with tab web: $(LILYBOOK_HTML) # begin with tab $(HTML) # begin with tab cp -R $(WEBDIR)/$(FILE)/ ./ # begin with tab $(BROWSER) $(FILE)/$(FILE).html & # begin with tab keep: pdf cp $(OUTDIR)/$(FILE).pdf $(FILE).pdf # begin with tab clean: rm -rf $(OUTDIR) # begin with tab web-clean: rm -rf $(WEBDIR) # begin with tab archive: tar -cvvf myproject.tar \ # begin this line with tab --exclude=out/* \ --exclude=htmlout/* \ --exclude=myproject/* \ --exclude=*midi \ --exclude=*pdf \ --exclude=*~ \ ../MyProject/*
TODO: soll auch unter Windows funktionieren
Die vorige Make-Datei funktioniert nicht unter Windows. Als Alternative
für Windows-Benutzer könnte man eine einfache batch-Datei erstellen,
welche die erforderlichen Befehl enthält. Sie kümmert sich nicht
um Abhängigkeiten, wie es eine Make-Datei kann, aber wenigstens
wird die Kompilation auf einen einzigen Befehl beschränkt. Das folgende
kann als Datei build.bat
oder build.cmd
gespeichert
werden. Die Batch-Datei kann auf der Kommandozeile aufgerufen werden
oder einfach doppelt angeklickt werden.
lilypond-book --output=out --pdf myproject.lytex cd out pdflatex myproject makeindex myproject pdflatex myproject cd .. copy out\myproject.pdf MyProject.pdf
Siehe auch
Programmbenutzung: Benutzung auf der Kommandozeile, lilypond-book.